Freitag, 18. Januar 2013

Ayurveda – natürlich heilen

IMG_4280 Gerade habe ich ein dreiwöchiges Praktikum in einem renommierten ayurvedischen Krankenhaus hier beendet – dem „Arya Vaidya Chikitsalayam & Research Institute“ Coimbatore. IMG_4293

Ich war einfach neugierig herauszufinden, was dieses traditionelle indische Heilverfahren von der mir gut bekannten Schulmedizin unterscheidet! Dabei durfte ich bei der Aufnahme der Patienten dabei sein (Befragung nach Beschwerden, frühere Krankheitsgeschichte, Verbesserungen oder Verschlechterungen seit letztem Arztbesuch), bei dem Arztgespräch selbst, ich konnte mir die Akten der stationären Patienten durchlesen und auch einen Tag in der hauseigenen Apotheke verbringen, wo Medikamente frisch zubereitet werden. 

Ein Hauptunterschied zwischen beiden Ansätzen liegt meiner Meinung nach in dem Körperkonzept – Ayurveda unterteilt nach den drei Doshas (Lebensenergien) Vata, Pita und Kapha, die bei jedem Menschen in individuellem Gleichgewicht vorhanden sind. Die fehlende Balance bezeichnet man als „Krankheit“, welche sich in körperlichen Beschwerden äußert. Ziel ist es also, die Balance der drei Doshas wieder herzustellen.

IMG_4344Der Weg zur Heilung beginnt aber immer zuerst mit dem Verdauungssystem, die Basis für ein gesundes Leben.

Die Ernährung wird also (entsprechend dem jeweiligen Dosha-Gleichgewicht) umgestellt oder optimiert und auf die Einnahme regelmäßiger gesunder leicht verdaulicher Mahlzeiten geachtet. Die tägliche Darmentleerung spielt dabei eine zentrale Rolle.

Erst danach werden andere Symptome der Krankheit gezielt therapiert. Das dauert oft länger als in der Schulmedizin (Wochen bis Monate), ist aber meist frei von Nebenwirkungen. Zum Einsatz kommen dabei neben oralen Medikamenten viele Öl-Güsse, Ölmassagen, Reis- oder Kräuterpackungen, Schwitzen, Fasten und Bäder.

Die behandelten Krankheiten waren überwiegend chronischer Art: Gelenkentzündungen, Diabetes und Hauterkrankungen, aber auch Unfruchtbarkeit oder Krebs. Dabei hatten 90% aller Patienten zuvor einen allopathischen Arzt (Schulmediziner) konsultiert und nutzten Ayurveda nur begleitend, zur Behandlung der Nebenwirkungen oder als letzte Möglichkeit wenn keine anderen Therapien mehr greifen.

Dieses traditionelle Heilverfahren kämpft auch in seiner Heimat Indien weiterhin darum, aus dem Schatten der Schulmedizin herauszutreten. Es möchte sich als vollwertige Alternative etablieren beziehungsweise eine engere Zusammenarbeit zwischen beiden Bereichen anstreben.

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Sonntag, 13. Januar 2013

Pongal Valttukal! – Happy Pongal!

IMG_4205 Gerade wird hier Pongal, das Erntefest, gefeiert. Weil es ein wichtiger Feiertag in Tamil Nadu ist, bekommen die Kinder hier sogar schulfrei und werden von ihren Eltern oder Verwandten abgeholt um ein paar Tage zu Hause zu verbringen.

Typisch für Pongal ist, dass man einen großen Topf mit Reis auf einer offenen Feuerstelle im Hof zum Kochen und absichtlich zum überkochen bringt – das verspricht Glück für das kommende Jahr und die neue Ernte. IMG_4209Während dessen stehen alle Kinder gespannt um die Feuerstelle und rufen sich „Happy Pongal“, oder auf tamil „Pongal Valttukal“, zu!

Nach dem Überkochen wird etwas Wasser abgeschöpft und jeder wirft noch einen Hand ungekochten Reis in den Topf. Ist der Reis schließlich gar, wird er in ein größeres Gefäß umgefüllt, mit reichlich Rohrzucker, Rosinen, Kardamom und Ghee (Butterfett) vermengt und mit Blumen dekoriert. 

Anschließend wird auf einem Bananenblatt noch ein Opferritual für die Götter zelebriert: Bananen, Räucherstäbchen, verschiedenfarbiges Farbpulver, Kokosnüsse, Kuhkackehäufchen (ja das gehört wirklich dazu) mit Grashalmen verziert, Kerzen, IMG_4226Geldscheine, Zuckerrohr und einem Berg fertiges Pongal-Reisgericht werden auf das Blatt gelegt. Dann verbeugt sich jeder vor dem Opferaltar, hält seine Hände kurz über das Feuer und malt sich anschließend mit dem Farbpulver Punkte auf die Stirn und den Hals.

Danach darf dann endlich das Pongal gegessen werden, zusammen mit Bananen- und Kokosnuss-Stückchen – sehr lecker!

Im Anschluss bekam jedes Kind noch ein Stück Zuckerrohr zu essen.

Schließlich sind alle nach Hause aufgebrochen, um endlich nach langer Zeit ihre Verwandten und alten Nachbarn mal wieder zu sehen!

  

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Die Arbeit mit HIV-positiven Menschen

IMG_3500Im November und Dezember vergangenen Jahres bekam ich die Möglichkeit, mein Wissen über HIV/AIDS zu erweitern und zu vertiefen. Für 1,5 Monate durfte ich in dem katholisch geführten „Community Care Centre“ (CCC), von „Preshita“ mitarbeiten.

Die CCC’s sind von der Regierung Tamil Nadu’s unterstützte Einrichtungen, die ausschließlich mit HIV-positiven Menschen arbeiten und ihnen eine kostenlose medizinische Versorgung und Beratung zur Verfügung stellen.

Indikation für einen stationären Aufenthalt sind vor allem opportunistische Infektionen (OI’s), die im späteren Stadium der Infektion vermehrt auftreten. Durch das geschwächte Immunsystem bekommen banale Krankheitserreger die Möglichkeit, sich in anfälligen Körper ungehindert zu vermehren - dann führt zum Beispiel eine einfache Erkältung zur lebensbedrohlichen Lungenentzündung. Auch gibt es eine hohe Rate an Tuberkulose-Infektionen, circa 50% aller HIV-positiven Menschen in Tamil Nadu sterben an TBC oder den Folgen einer solchen Erkrankung.

Ein Schwerpunkt der medikamentösen Versorgung ist auch der Beginn einer „antiretroviralen Therapie“ (ART). Diese Kombination antiviral wIMG_3512irkender Medikamente (meist zwei bis drei Medikamente in Kombination, jeweils morgens und abends im Abstand von genau 12 Stunden eingenommen) kann im späten Stadium des Krankheitsverlaufes zu einer Stärkung des Immunsystems beitragen. Diese Tabletten müssen für den Rest des Lebens eingenommen werden und können Lebensquantität ebenso wie Lebensqualität noch einmal maximal steigern.

Leider haben diese Medikamente, besonders in den ersten Tagen, starke Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Fieber oder Gliederschmerzen. Diese Symptome werden vor Ort von einer ständig anwesenden Krankenschwester sofort behandelt. Auch kommt täglich ein Arzt aus dem nahe gelegenen Regierungskrankenhaus, um den Zustand der Patienten zu überprüfen.

Außer der medikamentösen Behandlung ist die Beratung zu dem Umgang mit HIV ein wichtiger Arbeitsbereich der CCC’s. Neben öffentlichen Aufkärungsveranstaltungen werden Ratsuchende vor Ort über die Krankheit, Infektionsarten, Verlauf, Symptome, positive Lebensweise, Ernährungslehre, Verhütung der Übertragung und ähnliches im persönlichen Gespräch ausführlich beraten.

Durch das Praktikum konnte ich eine Initiative der indischen Regierung (TANSACS = Tamil Nadu State AIDS Control Society) kennen lernen, die sich aktiv für das 6. der Millenium-Entwicklungsziele - die Bekämpfung von HIV/AIDS - einsetzt. Sie garantiert den Zugang zu kostenloser medikamentöser Versorgung für Betroffene und setzt sich der Eingangsbereichaktiv gegen eine weitere Ausbreitung der viralen Infektion ein.

In diesem Praktikum habe ich sehr viel über HIV/AIDS und die Arbeit der indischen Regierung gelernt. Dieses Wissen ist für mich persönlich sehr hilfreich und hat auch zu einem tieferen Verständnis meiner bisherigen Erfahrungen mit Betroffenen geführt.