Gerade habe ich ein dreiwöchiges Praktikum in einem renommierten ayurvedischen Krankenhaus hier beendet – dem „Arya Vaidya Chikitsalayam & Research Institute“ Coimbatore.
Ich war einfach neugierig herauszufinden, was dieses traditionelle indische Heilverfahren von der mir gut bekannten Schulmedizin unterscheidet! Dabei durfte ich bei der Aufnahme der Patienten dabei sein (Befragung nach Beschwerden, frühere Krankheitsgeschichte, Verbesserungen oder Verschlechterungen seit letztem Arztbesuch), bei dem Arztgespräch selbst, ich konnte mir die Akten der stationären Patienten durchlesen und auch einen Tag in der hauseigenen Apotheke verbringen, wo Medikamente frisch zubereitet werden.
Ein Hauptunterschied zwischen beiden Ansätzen liegt meiner Meinung nach in dem Körperkonzept – Ayurveda unterteilt nach den drei Doshas (Lebensenergien) Vata, Pita und Kapha, die bei jedem Menschen in individuellem Gleichgewicht vorhanden sind. Die fehlende Balance bezeichnet man als „Krankheit“, welche sich in körperlichen Beschwerden äußert. Ziel ist es also, die Balance der drei Doshas wieder herzustellen.
Der Weg zur Heilung beginnt aber immer zuerst mit dem Verdauungssystem, die Basis für ein gesundes Leben.
Die Ernährung wird also (entsprechend dem jeweiligen Dosha-Gleichgewicht) umgestellt oder optimiert und auf die Einnahme regelmäßiger gesunder leicht verdaulicher Mahlzeiten geachtet. Die tägliche Darmentleerung spielt dabei eine zentrale Rolle.
Erst danach werden andere Symptome der Krankheit gezielt therapiert. Das dauert oft länger als in der Schulmedizin (Wochen bis Monate), ist aber meist frei von Nebenwirkungen. Zum Einsatz kommen dabei neben oralen Medikamenten viele Öl-Güsse, Ölmassagen, Reis- oder Kräuterpackungen, Schwitzen, Fasten und Bäder.
Die behandelten Krankheiten waren überwiegend chronischer Art: Gelenkentzündungen, Diabetes und Hauterkrankungen, aber auch Unfruchtbarkeit oder Krebs. Dabei hatten 90% aller Patienten zuvor einen allopathischen Arzt (Schulmediziner) konsultiert und nutzten Ayurveda nur begleitend, zur Behandlung der Nebenwirkungen oder als letzte Möglichkeit wenn keine anderen Therapien mehr greifen.
Dieses traditionelle Heilverfahren kämpft auch in seiner Heimat Indien weiterhin darum, aus dem Schatten der Schulmedizin herauszutreten. Es möchte sich als vollwertige Alternative etablieren beziehungsweise eine engere Zusammenarbeit zwischen beiden Bereichen anstreben.